Leistungsschutzrecht wird Gerichte beschäftigen

Andreas Frischholz
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Bei Social-Media-Diensten wie Twitter und Facebook führt das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse zu einem „erheblichen richterlichen Klärungsbedarf“. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken hervor.

Ursprünglich richtete sich das Leistungsschutzrecht gegen die Anbieter von Suchmaschinen und News-Aggregatoren, allen voran Google, das die Presseverlage zum großen Gegner stilisierten. Durch die vagen Formulierungen im Gesetzestext befürchten Kritiker, dass nicht nur die Suchmaschinenanbieter, sondern zusätzlich noch Social-Media-Dienste wie Twitter und Facebook oder etwa Blogger betroffen sind – also praktisch alle, die auf Presseverlage verweisen.

Die Bundesregierung bestätigte die Befürchtungen nun in dem Antwortschreiben auf die kleine Anfrage der Linken, das heise online vollständig vorliegt. Das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse orientiert sich an dem Äquivalent für die Tonträgerhersteller, weshalb bereits kleinste Textauszüge geschützt sind. Das bedeutet für Social-Media-Dienste wie Twitter, dass „eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk und den eigenen Gedanken hergestellt wird und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint“.

Ebenso dürften Gerichte entscheiden, welche Dienste letztlich das Leistungsschutzrecht betrifft. Laut dem Antwortschreiben der Bundesregierung sind alle Anbieter betroffen, die „nach Art einer Suchmaschine“ funktionieren. Ausgeschlossen werden zwar Dienste, bei denen die Nutzer eigenständig auf Presseerzeugnisse verweisen, allerdings werden Richter entscheiden müssen, wo genau die Trennlinie verläuft.

Etwas seltsam mutet die Aussage der Bundesregierung an, über den Wertschöpfungsmechanismus zwischen Suchmaschinen und den Online-Angeboten der Verlage „keine eigenen belastbaren statistischen Daten“ zu haben – und trotzdem „gewerblichen“ Suchmaschinen und ähnlichen Diensten zu unterstellen, deren Geschäftsmodell wäre „in besonderer Weise darauf ausgerichtet, für die eigene Wertschöpfung auch auf die verlegerische Leistung zuzugreifen“. Eine Auffassung, der die Rechtswissenschaftler des Max-Planck-Instituts in ihrem Gutachten über das Leistungsschutzrecht (PDF-Datei) deutlich widersprechen.

Bei der Fraktion der Linken, auf deren Fragen die Antworten der Bundesregierung basieren, ist man erwartungsgemäß wenig begeistert von den Ausführungen. „Die Gerichte müssen künftig entscheiden, ob in ihrem Fall bereits das unkommentierte Posten und Verbreiten entsprechender Links, die im Pfad der URL eine Überschrift aus einem Presseartikel wiedergeben, durch Dritte als lizenzierungspflichtig anzusehen ist“, kritisiert Petra Sitte, technologiepolitische Sprecherin der Linksfraktion. So habe die Bundesregierung indirekt die Befürchtungen über die Unwägbarkeit des Vorhabens bestätigt. Ob „Anbieter wie Facebook, Twitter und nahezu das gesamte Social Web“ unter das Leistungsschutzrecht fallen – keine Antworten auf offene Fragen, stattdessen verweise die Bundesregierung auf Gerichte, sagt Sitte.

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